Morgen
Fenster putzen.
Zur Post gehen.
Sport machen.
Mutter anrufen.
Pflanzen gießen.
Wäsche bügeln.
Morgen, sagte sie.
Drei
1
Frühling. Die Vögel zwitscherten wieder und die Sonne schien hell. Das war der Tag, als wir das erste Mal miteinander sprachen. Da war diese Nähe, als würden wir uns schon ewig kennen. Die Zeit verflog. Es war etwas mit uns geschehen. Etwas Großes.
2
Sommer. Viele heiße Nächte voller Worte. Viele heiße Tage voller Stille. Nebel legte sich zwischen uns, als wären wir in anderen Welten zuhaus. War es nur ein Leuchtfeuer? Ein Moment, der nun erloschen war? Die Stille blieb.
3
Herbst. Die Welt wurde bunt – und wir mit ihr. Die Worte kehrten zurück und mit ihnen das Licht. Du warst mein Alpha und ich dein Omega. Jetzt schloss sich der Kreis. Es brauchte nur Zeit. Wir leuchten.
Für mehr Meer
Foto: @ZeitundRauschen
Jetzt ist Zeit sich zu erinnern
Lieben Dank für das Foto vom Postkarten-Abo an @wellenart.
Wir sind alle Farben.
Du bist Anfang und Ende.
Du bist Gegenwart und Zukunft.
Du bist das Blau und das Gelb.
Du bist.
Ich bin Leben und Loslassen.
Ich bin Sonne und Regen.
Ich bin das Weiß und das Rot.
Ich bin.
Wir sind das Jetzt und das Morgen.
Wir sind alle Farben.
Wir sind ich und du.
Wir sind.
Weißt du noch?
Weißt du noch,
wie wir am Flughafen standen,
wie wir aufeinander flogen und dann zueinander hin?
Weißt du noch,
wie wir unter Kirschblüten lagen,
am Kiosk eine Tüte voll mit Schlickersachen holten
und zusammen S-Bahn fuhren?
Weißt du noch,
wie wir zusammen in Italien das Meer besuchten,
Cappuccino tranken
und Quellen suchten?
Weißt du noch,
wie wir am Crêpestand warteten,
und du mir die drei Worte ins Ohr flüstertest?
Weißt du noch,
wie wir im Bett lagen
und so für immer bleiben wollten?
Anne am Meer (X)
„Am Meer sitzen“, schrieb Anne in ihr Tagebuch, „viel mehr braucht es nicht zum Glücklichsein.“ Natürlich war ihr klar, dass es mehr braucht. Und doch, das Meeresrauschen machte reich: Das Salz auf den Lippen schmecken. Den Sand zwischen den Zehen spüren. Das Rauschen ins Herz lassen. Den Wind durchs Haar wehen lassen. Vielleicht waren es diese Nebensächlichkeiten, die alles ein wenig leichter und auch glücklicher machte. Nicht viel selbst tun müssen, geschehen lassen. Das Gegenteil von Alltag.
Anne (V)
Vielleicht geht es weniger darum anzukommen. Vielleicht geht es vielmehr darum zu leben.
Vielleicht sollte ich das Vielleicht aus meinem Wortschatz streichen, dachte Anne.
Vielleicht ist so bequem – wie ein Platz zum Ausruhen. Kein Handeln nötig. Nur ein Wort – ein gedachtes.
Es ist nicht das Warten…
An der Haltestelle stehend. In wenigen Minuten kommt der Bus. Es ist Herbst. Es ist dunkel. Es ist 19.27Uhr – zeigt die Uhr gegenüber, die sich dreht und Werbung der Apotheke trägt.
Es ist nicht das Warten, sagt Paula, es ist das Worauf. Dabei schaut sie auf die Uhr, die sich dreht. Weißt du, es ist wie mit der Uhr: Die Welt, auf der wir stehen, dreht sich stetig, aber wir bekommen nichts davon mit. Nicht weil sie sich zu langsam drehen würde, sondern weil wir es gewohnt sind. Bekommt die Zeit mit, dass sich die Uhr dreht?
Es ist nicht das Warten, sagt Paula, doch worauf noch warten, wenn nichts kommt. Selbst auf den Bus ist kein Verlass. Ob morgen die Sonne aufgeht oder nicht, ändert nichts daran. Es ist 19.30Uhr.
Wann fragen wir uns noch, wonach wir uns sehnen, wonach wir streben, wohin es uns aus tiefsten Herzen ruft. Tagein, tagaus. Pflichten erfüllen. Geld verdienen. Haken dran machen. Doch wann hinterfragen wir wohinter wir die Haken setzen und ob wir die überhaupt setzen wollen. Es ist 19.33Uhr.
Es ist nicht das Warten, sagt Paula, warten kann schön sein. Wie die Vorfreude auf einen Kuss, wie auf den fertigen Kuchen, der schon aus der Küche duftet, wie auf einen schönen Sommertag am Strand, nach einem harten Winter. Der Bus kommt.
Das Warten ist es nicht, warten ist hoffen. Das ist das gute Warten. Das Warten, das mehr kennt als den Bus, als die Uhr, die sich dreht, als das Morgen.
Es ist nicht das Warten, sagt Paula, es ist das Worauf.
In der Ferne
In die Nacht, das Blau hinein.
Fremde Stimmen klingen.
Möchte in der Ferne sein,
Dort wo die Möwen singen.
Am Meer, das schöne Leben,
Ist anders als das hier.
Dort lern’n Gedanken schweben.
Und Du wärst längst bei mir.